Benotung: 4/10
Das kleine, düstere und unmerkliche Lokal neben dem bekannteren „Terminus“ (eine VIP – Bar) umfasst nicht mehr als 60 Sitzplätze. Die Bestuhlung ist eher unbequem, hinzu qualmt es am jeden Tisch, da keine Nichtrauchereinrichtung vorhanden ist. Das finstere Innendesign erinnert an einem englischen Pub. Auf die müde Bedienung, hab ich warten müssen. Mein kulturbegeisteter Wegbegleiter war schon zappelig, nur noch wenige Minuten bis zum Beginn des Konzerts im nahe liegenden Atheneum, wo George Butunoiu mit AXA-Generalin Violeta Ciurel & Gemahl verabredet war. Nachdem George Primus Pub verlassen hat, blieb ich allein und traf… Charles Dickens. Er arbeitete für die Zeitung “The Sun”, las aber die “Morning Chronicle” und hatte Hunger! War schon berühmt durch seine Schriften, die er als Fortsetzungsgeschichten in Zeitungen veröffentlichte, seine sog. Pickwick Papers lagen am Tisch. Frisch verheiratet mit Catherine Hogath, ging es Dickens sichtlich gut, er schien zum ersten mal seit vielen Jahren gepflegt auszusehen. Charles freute sich schon auf das Wochenende in Camden Town. Hatte Papier und Schreibzeug bei sich mit. Oft schrieb er an mehren Werken auf einmal. Es war der Frühling 1836 und sein “Oliver Twist” war noch nicht erschienen. Dickens wollte im “Primus Pub” nur eine… Cottage Pie bestellen. Den knackigen Fisch mit goldenen Chips verzehrte er nur ungern. Das Gewissen seiner Zeit und die Notwendigkeit sozialer Reformen beschäftigten ihn. Die Schärfe seiner Anschauung, gepaart mit Humor, schaffen die bekannte Dickens’sche Atmosphäre. Welche ich im Bukarester “Primus Pub” gesucht, aber nicht gefunden habe! Dickens schäumte vor Wut und ließ seine Pie, immerhin 300 g für RON 22,- unberührt im Teller. Minze hat gefehlt, Fleisch war unzureichend da, der Kartoffelbrei war wie für Magenkranke gekocht und gar nicht irgendwie gewürzt. Salz ist ohnehin Mangelware in der Küche neben der sog. weißen Kirche. Der Koch, namens Serban, Familienname unbekannt, probiert englisches Essen vorzubereiten. Das Menü ist nur auf englisch zu bekommen, hat aber auch Rumänisches anzubieten. Polenta mit weißer “telemea” – Käse und Sauerrahm kann nur gut sein, meinte ich zu wissen. Hinzu ist auch billig, magere RON 12,- für 350 g. Das Ding konnte zwar verzehrt werden! War ohne Herz gekocht, Geschmack, leider… null! Ähnlich wie im Imbiss am Nordbahnhof im letzten Ceausescu – Jahr. Die Bedienung, obwohl jung, protestierte lautstark als ich um Erlaubnis bat die, mit Öl befleckte, ein – Blatt Speisekarte mitzunehmen. Mir wurde die Mitnahme des Reliktes letztendlich zugestanden. Das ganze Ambiente wirkt aber schon… englisch! Die Musik war laut und viele Kunden schlürften Getränke am Tisch. Nur unser Tisch, der gegangene Charles und zwei Verliebte am Nachbartisch hatten Hunger! Irgendwie ist in diesem Haus die Küche nicht zuhause. Exzellent platziert, neben der Terminus – Bar (ein Kunde des Restaurants flüsterte mir zu, dass beide Lokale Bogdan Done als Eigentümer hätten, was ich nicht überprüfen kann!), mit eher ungewöhnlichen Öffnungszeiten (Mo-Do 09-12, Fr-Sa 11-02, So 11 bis Mitternacht), bietet “Primus” kaum Essbares an! Parkplätze sind auch schwierig zu bekommen. Schade! Dickens hätte sich gefreut und sicher das Lokal weiter empfohlen.
(Cronica gastronomica saptamanala “Alex geht aus!” a lui Alex Todericiu inAllgemeine Deutsche Zeitung)